Nicht wenige bezeichnen ihn als Architekten der vergangenen 15 Jahre. Sven Kopka spricht mit uns über ein ungewöhnliches Jubiläumsjahr, neue Herausforderungen und eine mögliche Zeit nach dem TSV.
Wenn dich jemand fragen würde, warum er Sport beim TSV Großfahner treiben soll, oder es sich lohnt, sich anderweitig in einer Abteilung oder im Vorstand zu engagieren, was würdest du ihm sagen?
Wir haben den Sportverein vor 15 Jahren neu gegründet, da der damalige TSV 1862 Großfahner nach finanziellen Turbulenzen in einer Fusion mit einem in Großfahner nicht sonderlich beliebten Nachbarort aufgegangen war. Dies wurde von der breiten Basis der Vereinsmitglieder allerdings nicht mit „Leben“ erfüllt. Der Sport in Großfahner, hier schließe ich auch Sportfreunde aus Gierstädt und Kleinfahner mit ein, außer der Fremdnutzung des Stadions, kam quasi zum Erliegen. Als nun der Fußballerjahrgang der A-Junioren in den Männerbereich wechseln musste, dieser zum größten Teil aus Jugendlichen unserer Orte bestand, sahen wir die Möglichkeit der Neugründung eines Sportvereins im Ort. Ich darf hier das außergewöhnliche Engagement unseres Präsidenten Thomas Franke nicht unerwähnt lassen. Ohne ihn wäre es wohl nicht oder nicht zu diesem Zeitpunkt dazu gekommen. Was damals und auch heute noch oberste Priorität genießt: niemand bekommt eine finanzielle Entschädigung für seine Tätigkeit im oder für den Verein. Wir wollten die Fehler bzw. Fehlentwicklungen von damals nicht wiederholen. Gleichzeitig haben wir uns bewusst für einen Turn- und SportVerein entschieden, denn obwohl die Sparte Fußball den größten Teil des Vereins ausmacht, wollten und möchten wir auch weiterhin für alle Sportbegeisterten in Großfahner und Umgebung einen Anlaufpunkt bieten. Bei uns ist jeder willkommen, kann sich einbringen oder einfach nur seinem Hobby gemeinsam mit anderen Vereinsmitgliedern nachgehen.
Eine Corona-Pandemie im Jubiläumsjahr ist nicht unbedingt das was man sich vorstellt. Ist der Verein bislang gut durchgekommen?
Im Großen und Ganzen schon. Die Hallensaison 20/21 ist allerdings komplett ausgefallen. Mit den derzeitigen Auflagen sieht es diesen Winter nicht wirklich besser aus. Wir sind von ca. 190 aktiven Mitgliedern im Jahr 2020 auf ca. 150 in 2021 geschrumpft. Für 2022 wurden wieder ca. 165 Sportlerinnen und Sportler gemeldet. Die Meldungen erfolgen immer zu Jahresbeginn. Dies finde ich sehr unglücklich. Man weiß nie wie sich das Jahr entwickelt.
Die 1.Mannschaft spielt ihre 5. Kreisliga-Saison. Wie würdest du diese Zeit bewerten?
Insgesamt positiv. Bis zu den letzten abgebrochenen Wettbewerben standen wir stets im Mittelfeld der Tabelle. Der Aufstieg hat auch weitere Spieler aus umliegenden Gemeinden zu uns geführt. Die Mehrzahl von ihnen ist heute noch im Verein. Im ersten Kreisligajahr gab es sogar noch Linienrichter, was sich beim Spiel auf Abseits meistens von Vorteil zeigte. Als ich noch Libero spielte war das nicht erforderlich. Durch einfaches Heben der Hand kann der fachkundige Libero dem Schiedsrichter die Abseitsstellung anzeigen. (lacht)
Aktuell belegt die 1. Mannschaft den vorletzten Platz, welcher den Abstieg in die Kreisklasse bedeuten könnte. Wie sehr schmerzt der Blick auf die Tabelle und wie kommt es für dich zu dieser Zwischenbilanz?
Das schmerzt schon und die Klasse zu halten wird schwer. Wer steigt schon gerne ab. Leider muss ich für die Spiele, die ich gesehen habe, sagen: verdient. Niemand wird jünger. Mit zunehmendem Alter kommen bei vielen auch ein paar Pfunde dazu. Wenn ich die gegnerischen Mannschaften bei der Anreise gesehen habe kam mir manchmal schon der Gedanke: Warum schicken die ihre Junioren? Hinzu kommt der deutliche Rückgang der Trainingsbeteiligung während der Hinrunde. Da bin ich noch alte Schule. Wer nicht arbeitsbedingt oder durch Krankheit oder Verletzung verhindert ist, kann Minimum an einem Training in der Woche teilnehmen. Selbst dies sehe ich für das Niveau der Kreisliga als zu wenig an. Auch ein verletzter Spieler kann sich beim Training sehen oder sogar pflegen lassen. Die Möglichkeiten dafür sind gegeben. Er unterstützt damit nicht nur seine Mannschaftskameraden moralisch, sondern kann vielleicht auch dem Trainer oder seinem Team etwas zu Hand gehen.
Positiv hat mich gestimmt, dass es nach der Unterbrechung der Saison beim freiwilligen Training eine so große Zustimmung gab.
Nach 15 Jahren Jugendarbeit, stehen seit dieser Saison erstmals Talente aus der eigenen Nachwuchsarbeit im Kader der 1.Mannschaft, wie zufrieden bist du mit deren Entwicklung und können wir in absehbarer Zeit mit weiteren Talenten rechnen?
Ich glaube alle Trainer, welche die Jungs im Nachwuchsbereich hatten, waren stolz wie Bolle als sie den Männerbereich erreicht haben. Das es welche sogar bis in den Stamm der 1. Mannschaft geschafft haben umso mehr. Leider stehen nicht alle immer zur Verfügung. Das ist zwar normal (Schule, Studium, Arbeit), aber in unserer bereits geschilderten Situation besonders schmerzlich. Beim ein oder anderen Talent vermisse ich schon Ehrgeiz und die richtige Einstellung zu einem Mannschaftssport. Das schafft nicht nur Freunde. Wir bieten jedem die Möglichkeit zu trainieren und sich einzubringen. Machen muss es jeder selbst.
Es sind noch ein paar junge Spieler mit Gastspielrecht in anderen Vereinen unterwegs. Wir hoffen natürlich, dass wir sie mit 17 oder 18 Jahren bei uns im Männerbereich wiedersehen. Eine große Aufgabe unseres neuen /alten Trainers Marcel Wehr wird sein, diese von unserer Spielidee, unserem WIR zu überzeugen und sie schnellstmöglich zu integrieren. Vielleicht kommen noch ein paar Freunde von Ihnen dazu. Bestmögliche Unterstützung für diesen Prozess ist seitens des Vorstands sicher.
Du bist seit der „ersten Stunde“ 2. Vorsitzender, nicht wenige würden dich als Architekten der vergangenen Jahre bezeichnen. Verspürst du nach so vielen Jahren so etwas wie Amtsmüdigkeit?
Insgesamt eigentlich nicht. Es gibt ständig Veränderungen, leider nicht immer positive. Diese machen freilich mehr Spaß. Nachdem es eine sportliche Neuausrichtung im Männerbereich und auch funktionell im Nachwuchs gab wird es auch im Vorstand noch weitere Veränderungen geben, geben müssen. Leider hat sich unsere Idee die Mitgliederversammlung vor der Weihnachtsfeier durchzuführen aus den bekannten Gründen seit zwei Jahren nicht mehr realisieren lassen. Wir werden also diesen Sommer in einer möglichst niederschwelligen Form eine Mitgliederversammlung durchführen. Jeder ist hiermit aufgerufen sich zu melden, inwiefern er sich im Vorstand oder anderweitig im Verein einbringen möchte. Das dies auf Grundlage unserer Satzung geschieht versteht sich von selbst. Eine Satzungsänderung ist nicht angedacht. Was ich langsam müde bin, ist das Thema Arbeitseinsätze. Ich weiß nicht wie viele es gab. Es wurden immer weniger Teilnehmer und die waren meist dieselben. Das Sportlerheim und das Gelände ist für alle da. Da können auch alle helfen es zu pflegen, umzubauen oder einfach funktioneller zu gestalten.
Im Vorstand zu arbeiten, heißt auch, sich immer wieder auch mal Kritik anhören zu müssen. Wie gehst du damit um?
Wenn diese berechtigt ist, nehme ich mir sie schon an. Man kann immer dazu lernen.
Leider hat sich eine Unart eingeschlichen. Wegen „fast jedem Schei..“ kommen beim Vorstand Anrufe, Mails oder sogar über Dritte Sachen an wie „Du oder Ihr müsst da mal was ändern“. So geht das nicht. Vor allem bei selbst gemachten Problemen. Da braucht man bei manchen Dingen nur in unsere Satzung schauen um zu erkennen, dass dies weder den TSV noch dessen Vorstand etwas angeht. Das ist von niemandem zu viel verlangt. Wie gesagt, es wird dieses Jahr eine Mitgliederversammlung geben. Zu der wird rechtzeitig einladen. Da können Themen zur Abstimmung eingereicht oder in der Diskussion vorab um Redezeit gebeten werden.
Würdest du einen Vertrag besitzen, wie lange würde dieser laufen? Gibt es schon Pläne für die Zeit danach?
Diese Frage stellt sich derzeit für mich nicht. Da sich mein Gehalt jedes Jahr verdoppelt komme ich ganz gut zurecht (lacht)
Natürlich gibt es Pläne. Ein kleiner Hund zieht wieder bei uns ein. Ich werde wohl viel Zeit mit ihm verbringen. Er soll möglichst etwas besser auf mich hören als einer meiner Söhne mit der Rückennummer 5.
Vor welchen 3 großen Herausforderungen siehst du den TSV in den kommenden Jahren stehen?
- Umbau und Verjüngung der am aktiven Spielbetrieb teilnehmenden Mannschaften. Wir haben derzeit einen großartigen Zulauf im jüngeren Nachwuchsbereich. So viele Kinder, dass es die jetzigen Trainer nicht mehr schaffen. Die Gewinnung von weiteren Trainern, Teamleitern sowie von Personal rund um (Versorgung von Zuschauern, Waschdienst, medizinische Unterstützung, und, und, und). Der TFV als Ideengeber ist bereits angefragt. Eine Infoveranstaltung wird, sobald es die gesetzlichen Bestimmungen zulassen, zeitnah durchgeführt.
- Gleiches gilt für den Vorstand, das Schiedsrichterwesen, Öffentlichkeitsarbeit sowie die anderen Sportgruppen außerhalb des Fußballs. Auch hier gilt es Sportlerinnen und Sportler oder einfach das eine oder mehrere „Mädchen für alles“ zu finden. Das immer unter der Prämisse, Spaß dabei zu haben. Dank unseres Judotrainers gibt es mittlerweile einen Kooperationsvertrag mit den Grundschulen aus Großfahner und Dachwig. Auch dieser ist mit Leben zu füllen.
- Die Gemeinde Großfahner und der TSV planen Umbauarbeiten im Sportlerheim und auf dem Stadiongelände. Hier konnten zusätzlich zu unseren langjährigen zuverlässigen Partnern weitere Sponsoren gewonnen werden. Schön wäre es, wenn jeder mit anpackt.
Welchen Wunsch in Bezug auf den Verein sähest du gerne erfüllt?
Ein Sportfest, Martini und Knut auf dem Sportplatz und wieder eine große gemeinsame Weihnachtsfeier. Eigentlich ein ganz normales Vereinsjahr, ohne vorher von einer Behörde die Anzahl der erlaubten „G“ mit Strafandrohung gesagt zu bekommen. Denn dann haben wieder mehr Menschen Freude am Sport und am Vereinsleben. Nur so wächst der TSV und besteht fort.